Bericht der MarburgerLinken & Piraten zur  Stadtverordnetenversammlung vom 28. März 2025

Bericht der MarburgerLinken & Piraten zur  Stadtverordnetenversammlung vom 28. März 2025

Im folgenden dokumentieren wir den Bericht der Fraktion MarburgerLinke & Piraten im Stadtparlament der Universitätsstadt Marburg, der auch unsere  Genossin und Stadtverordnete Tanja Bauder-Wöhr angehört, zur letzten Stadtverordnetenversammlung vom 28. März 2025:

 

Denkmalschutz ist offensichtlich nicht sicher vor Dagobert

Wer kennt nicht die Geschichte von Dagobert Duck? Mit viel Geld scheint alles möglich, auch das umgehen von geltendem Recht. Mit dieser Meinung stehen wir nicht alleine da, selbst das Regierungspräsidium teilt dies und rügt den Magistrat, denn der Abriss der denkmalgeschützen Scheune in Dagobertshausen ist rechtswidrig geschehen! Es ist unserem langjährigem Mitglied Hartmut Lange im Denkmalbeirat zu verdanken, dass dieses skandallöse Vorgehen endlich auch öffentlich aufgedeckt wird. Ein gleichgesinntes Mitglied im Denkmalbeirat Marburg, der Zimmermann Jan Wündisch hat in fleißiger und detaillierter Arbeit mit Hilfe von Schautafeln zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung verdeutlicht und symbolisch auch jede Menge Abrissbirnen an den OB verteilt.

 

Haushaltskonsolidierung – eine Stadt redet sich arm, anstatt sich zu wehren.

Die Stadt Marburg befindet sich gemeinsam mit vielen anderen Kommunen bundesweit seit Jahren in einer zunehmend schwierigeren Haushaltssituation. Die sich kontinuierlich zuspitzende Entwicklung hat jüngst dazu geführt, dass der Oberbürgermeister der Stadt Marburg die Stadtverordneten in mehreren Diskussionsrunden dazu aufgefordert hat, Haushaltskonsolidierungs- bzw. Haushaltseinsparungsmaßnahmen vorzuschlagen.

Aus unserer Sicht ist die Ursache der Finanzierungsengpässe nun aber nicht etwa Folge einer verfehlten Finanzpolitik vor Ort, sondern wurde primär durch die von Bund und Land über viele Jahre zusätzlich zugewiesenen Pflichtaufgaben verursacht, für die unsere Kommune nicht nur keinerlei Mehrzuweisungen erhalten hat, sondern sogar Kürzungen hinnehmen musste. Insofern sehen wir Bund und Land in der Pflicht, die finanziellen Zuweisungen entsprechend der entstandenen Kosten zu erhöhen – getreu nach dem Motto “Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch”. Um uns Klarheit über die an unsere Stadt delegierten Pflichtaufgaben, von Kinderbetreuung bis zur Einführung Ganztagsschule, über die Unterhaltung von Parkanlagen und Sportsstätten, zu Seniorenunterkünften, Jugendhäusern bis zur Erstellung von Personalausweisen und natürlich die bauliche Unterhaltung von Schulen, um nur ein paar der vielfältigen Aufgaben zu benennen, wollen wir vom Magistrat eine Übersicht erhalten über den Mehraufwand und die entstanden höheren Kosten und wie sie tatsächlich entschädigt werden. Roland Böhm führte fragend aus: „Jüngst demonstrierten bundesweit Kommunalpolitiker*innen genau dafür in Berlin, gestern die Hessen in Wiesbaden. Wo war denn unser Magistrat? Hat er auch öffentlich mitprotestiert? Ich habe davon nichts gehört oder gesehen.“ Auch fordern wir die Stadt Marburg auf sich mit den vielen anderen ebenfalls betroffenen Kommunen zusammen zu schließen und falls notwendig per Sammelklage sich zu wehren.

Für uns verdeutlichte Roland Böhm weiter, wer die Leitragenden sein werden und weshalb es dies zu verhindern gilt: „Denn wie immer stehen die „üblichen Verdächtigen“ ganz oben auf der Streichliste: die sogenannten „freiwilligen Leistungen“ im Sozialbereich, im Sport, in der Kultur, der Jugendförderung, der Bürger*innenbeteiligung und bei Umwelt, Klima, Natur.“ Aus der bürgerlichen Ecke kam der Vorschlag pauschal über alle Budget zu kürzen, leider ist dieses Ansinnen von einer großen Mehrheit aufgegriffen worden und so werden Globale Kürzung für 2026 um 2,5 % gegenüber dem Ist 2024 vorgenommen und bedeutet, dass bei steigenden Lebenshaltungskosten (alles wird teurer, Inflation, Lohnsteigerungen) Leistungen gekürzt werden, etwa beim MarburgPass oder freie Träger Angebote streichen müssen, weil sie nicht mehr finanziert werden können. Tanja Bauder-Wöhr erinnerte in diesem Zusammenhang an die katastrophalen Folgen des sozialen Kahlschlags in Hessen durch die CDU unter Roland Koch unter dem zynischen Begriff „Operation sichere Zukunft“, deshalb muss man bereit sein sich mit den Reichen streiten, sie zu Kasse heranziehen – anstatt auf erpresserische Wünsche wie die Gewerbesteuer abzusenken einzugehen. Zu allem Überfluss beinhalten die Vorschläge der regierenden Koalition gemeinsam mit der CDU/FDP/BFM Fraktion, dass das Stadtparlament in nächster Zukunft keine Initiativen mehr einbringen soll, was das bedeutet bringt Roland Böhm sehr treffend auf den Punkt: „Wer Selbstmord aus Angst vor dem Tod begehen will, dann stimmt dem zu, wir werden das nicht
tun.“

 

Der Regenbogen zum Schloss

Die regierende Koalition in Marburg möchte ein klares Zeichen für Marburgs Weltoffenheit setzen, deshalb soll die Ludwig-Bickel-Treppe, welche hoch zu Marburgs Schloss führt, gut sichtbar in den Regenbogenfarben erstrahlen. Im Rahmen der Diskussion zu diesem Vorhaben nahm unsere stv. Fraktionsvorsitzende Anja Kerstin Meier-Lercher Kontakt zum Queeren Zentrum auf und zeigte sich überrascht: „Haben die Antragsteller sich tatsächlich so ignorant verhalten und über, anstatt mit den Betroffenen zu sprechen?“, und tatsächlich stellte sich heraus man kannte den Antrag nicht im Queeren Zentrum. Mehr noch, für die Betroffenen hat dieses Ansinnen keinerlei Priorität, für sie primär wichtig und unter den Nägel brennende Themen sind die zusätzliche Schaffung von geschlechterneutralen Toiletten und Duschräumen, außerdem die Veränderungen an den Angst-Orten: Hauptbahnhof, Lahntreppen, Oberstadt und Errichtung weiterer Schutzräume. Im Ergebnis bleibt festzuhalten eine regenbogenfarbene Treppe, in einem am Randgebiet Marburg gelegenen Bereiches, das im Alltag kaum durch die Bewohner Marburgs genutzt wird, daher nur den Touristen ins Auge fällt und vom Stadtmarketing als Fotopoint für kostenlose Werbung auf social media propagiert wird, steht doch wohl eher am Ende eines wichtigen Prozesses mit den Beteiligten der Stadt und unseren Mitmenschen der Queeren Szene.

 

Chance vertan bezahlbaren Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen

Kürzlich wurde in der Stadtverordnetenversammlung der Antrag auf Nachverdichtung und Aufstockung im innerstädtischen Bereich verabschiedet. Bekanntlich beginnt die heimische Sparkasse mit ihrem Neubau im Süden der Stadt und die freiwerdende Immobilie in der Universitätsstraße 10 bietet ausreichend Entwicklungspotential gerade auch für bezahlbaren Wohnraum. Welcher leider im innerstädtischen Bereich kaum eine Rolle spielt, sondern die öffentlich geförderten Wohnungen sich bisher immer noch auf die bekannten Stadtteile Richtsberg, Stadtwald und Waldtal konzentrieren. Deshalb stellten wir den Antrag, in dem der Magistrat aufgefordert wird mit der Sparkasse Gespräche zu führen, um die noch von der Sparkasse genutzte Immobilie bis zu deren voraussichtlichen Umzug in 2027zu erwerben.

Mit dem Ziel Sozialwohnungen und bezahlbares Wohnen innerstädtisch zu ermöglichen. Aus unserer Sicht sollte eine solidarische Stadtentwicklung im Blick haben, auch innerstädtisch Menschen mit geringem Einkommen Wohnraum anzubieten, eine nahezu perfekte Gelegenheit an diesem Standort. Kaum zu glauben aber wahr die große Mehrheit der Stadtverordneten erklärte dieses Ansinnen für erledigt, irgendwie haben wir nicht mitbekommen, dass die drängendste soziale Frage des Wohnens für alle auch bezahlbar offensichtlich in Marburg gelöst ist – wie sonst kann man diese Chance vertun?!

Tanja Bauder-Wöhr, Roland Böhm, Anja Kerstin Meier-Lercher, Inge Sturm, Dr. Michael Weber

Unsere Stadtverordnete Tanja Bauder-Wöhr spricht bei der 8. Mai-Feier in Marburg anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus.