Bezahlbarer Wohnraum oder sichere Rendite in Marburg? – Kommentar von Tanja Bauder-Wöhr, DKP (Marburger Linke)
Leider ist es für Baudezernent und Bürgermeister Dr. Franz Kahle völlig normal, dass es sich bei neu zu errichtenden Wohnungen in der Universitätsstadt Marburg um Renditeobjekte handelt, die sich rechnen müssen – für den Investor versteht sich. Exemplarisch sei die Bebauung an der alten Universitätsgärtnerei durch S+S Grundbesitz GmbH genannt, welche Bürgermeister Franz Kahle ausdrücklich begrüßt und auf deren Vermarktungserfolg verweist. S+S Grundbesitz GmbH annonciert in Hochglanzbroschüren die Wohnungen für beispielsweise 415.000,00 Euro (4 Zimmer, etwa 122 Quadratmeter, dass entspricht etwa 3.400 € pro qm) oder 315.000,00 Euro (3 Zimmer, knapp 73 Quadratmeter, entspricht etwa 4.315€ pro qm). Auf meine Nachfrage, ob diese Preise für den Bürgermeister sozialverträglich seien oder ob es sich bei diesen Wohnungen nicht doch eindeutig um Renditeobjekte handle, blieb er mir eine Antwort schuldig!
Dies alles erinnert sehr an ein allgemein bekanntes Brettspiel, deshalb ein Auszug aus den Spielregeln von Monopoly: „Sinn des Spiels ist es, Besitztümer so günstig zu kaufen, zu vermieten oder zu verkaufen, dass man der Reichste und möglichst Monopolist wird. Wer das meiste besitzt, der hat gewonnen. Und wer am wenigsten besitzt, der hat verloren.“ Die Stadt Marburg ist kein Spielbrett, deshalb sollten die Verantwortlichen VertreterInnen des Marburger Magistrats auch in diesem Sinne handeln, um nicht doch nur die Randfiguren in einem Spiel zu sein.
Ein Vorschlag zur Güte, um etwas der Allgemeinheit zurückzugeben, wenn die Stadt Marburg schon ausschließlich das Heil in „städtebaulichen Verträgen“ sucht. Die Verträge werden durch die Stadtverwaltung einerseits und Grundstücksbesitzer und Investoren andererseits ausgehandelt. Sie müssen festlegen, dass nicht nur der Private, sondern die Allgemeinheit von der Wertsteigerung profitiert, die ein Boden erfährt, wenn er zu Bauland wird. Maximal zwei Drittel der Wertsteigerung darf die Stadt abschöpfen, um Gutachten und Kindergartenplätze, Ausgleichsflächen und Energiekonzepte zu finanzieren. Dabei ist es rechtlich möglich, bis zu zehn Prozent der Investitionssumme einzubehalten.
Und das wäre erst der Anfang. Viel besser wäre, es gäbe keine Armen und keine Superreichen mehr. Denn die Kluft zwischen Arm und Reich wird in nahezu jedem Land der Welt immer größer. Vor einem Jahr sagte die Organisation Oxfam voraus, im Jahr 2016 werde das reichste Prozent der Weltbevölkerung, also rund 70 Millionen Menschen, mehr besitzen als die restlichen 99 Prozent (rund sieben Milliarden Menschen) zusammen. Oder noch drastischer zeigen die Vermögen der Superreichen den Trend: Inzwischen besitzen die 62 reichsten Einzelpersonen genauso viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – vor einem Jahr waren es noch 80 Personen. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/oxfam-62-superreiche-besitzen-so-viel-wie-die-halbe-welt-a-1072453.html
Tanja Bauder-Wöhr, DKP (Marburger Linke, Platz 2)