Zwei Lehrer der kommunistischen Bewegung sind tot – Trauer um Willi Gerns und Otto Marx

Zwei Lehrer der kommunistischen Bewegung sind tot – Trauer um Willi Gerns und Otto Marx

In der Nacht von Montag auf Dienstag starb der Bremer Kommunist Willi Gerns im Alter von 90 Jahren. In der Woche zuvor starb Otto Marx im Alter von 91 Jahren in Oberhausen. Otto Marx trat 1946, im Alter von 16 Jahren, der KPD bei. Willi Gerns war seit 1949 in der kommunistischen Bewegung. Sie gehören zu einer Generation von Kommunisten, die für ihre Tätigkeit in FDJ und KPD überwacht und politisch verfolgt wurde. Gerns und Marx kämpften gegen die unrechtmäßigen Verbote von FDJ und KPD, leisteten Widerstand gegen Remilitarisierung und Notstandsgesetze und gehörten zu den Initiatoren für die Neukonstituierung der kommunistischen Partei in der BRD. In der DKP bildeten sie Generationen von Kommunistinnen und Kommunisten aus – Willi Gerns unter anderem als Verantwortlicher für Theorie und Bildung beim Parteivorstand der DKP, Otto Marx in seiner Leitungstätigkeit für die Karl-Liebknecht-Schule in Leverkusen.

Der Vorsitzende der DKP, Patrik Köbele, sagte in einer ersten Reaktion auf den Tod der beiden Genossen: „Ich bin sehr traurig. Otto habe ich kennengelernt, als ich – gerade Mitglied der DKP geworden – 1978 einen Grundlehrgang in der Karl-Liebknecht-Schule besuchte – Otto hat mir den Spaß und die Freude am Erlernen unserer Weltanschauung als Kampfinstrument vermittelt. Ich glaube so haben wir ihn alle in Erinnerung. Willi Gerns prägte die Programmatik und die Bildungsarbeit der DKP wie kein anderer und man kann wohl sagen, ohne ihn wäre das Überleben der kommunistischen Bewegung in diesem hochentwickelten imperialistischen Land sehr viel schwieriger gewesen. Seine Beiträge zur Strategieentwicklung, viele gemeinsam mit Robert Steigerwald geschrieben, hatten und haben für die DKP zentrale Bedeutung. In diesem Land kommen Revolutionärinnen und Revolutionäre nicht an ihnen vorbei, wenn sie weder im Elfenbeinturm noch in der reformistischen Sackgasse enden wollen.

Der Tod von Otto Marx und Willi Gerns hinterlasse eine Lücke, die vorerst nicht zu schließen sei, so Köbele. „Wir haben ihnen sehr, sehr viel zu verdanken und sind in Gedanken bei ihren Angehörigen.“

 

Willi Gerns verstorben – Nachruf der SDAJ

Heute Nacht ist unser Genosse Willi Gerns, der erst im Dezember seinen 90. Geburtstag feierte, verstorben.
Mit ihm stirbt eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Geboren am 13.12.1930 in Hannover als Kind einer Arbeiterfamilie wurde Willi früh mit der Härte der deutscher Reaktion konfrontiert: Sein Vater, Mitglied der Roten Hilfe, wurde in das KZ Emsland deportiert. Er selbst fand den Weg in die organisierte Arbeiterbewegung im Jahr 1949. Willi Gerns wurde Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FdJ) und der KPD. Für sein Engagement gegen die Wiederaufrüstung und für einen demokratischen Neuanfang bezahlte er wie viele andere einen hohen Preis: Unter Adenauer wurden tausende vermeintliche und tatsächliche Kommunisten weggesperrt:

Verurteilt von den Blutrichtern, die schon unter dem Hakenkreuz Urteile fällten. Gerns saß insgesamt 29 Monate im Gefängnis für Verstoß gegen das FdJ- und KPD- Verbot. Er nutzte die Zeit im Gefängnis für ein intensives Studium des Marxismus.

Nach seiner Haft ging er verschiedenen Berufen nach, unter anderem bei den Vereinigten Leichtmetallwerken in Hannover. Als Vorsitzender der Vertrauensleute rief er dort zu einem Warnstreik auf, was ihm erneute Haft wegen „Fortsetzung kommunistischer Tätigkeit“ einbrachte.
Im Anschluss studierte er zwei Jahre in Moskau. Später zog es ihn nach Bremen. Im Jahr 1968 wurde die Deutschen Kommunistische Partei (DKP) neukonstituiert und damit begann auch Willi Gerns Leben als „Berufsrevolutionär“.

Er wurde Sekretär des Parteivorstands der DKP und Mitglied im Präsidium, zuständig für marxistische Bildung und Theorie. Ausserdem gehörte er bis zu seinem Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen dem Herausgeberkreis der Marxistischen Blätter an.

Gemeinsam mit Robert Steigerwald (24.03.1925 – 30.06.2016) veröffentlichte er zahlreiche Artikel und Bücher. Sie handeln vom Kampf um Frieden und Demokratie, der Frage nach Bündnissen, antimonopolistischen (also gegen Großkonzerne und Banken gerichtete) Reformen und der sozialistischen Revolution. Kurzum: wie kann eine revolutionäre Strategie in nichtrevolutionären Zeiten aussehen?

Es blieb aber nicht bei der theoretischen Arbeit. Für ihn, selbst aus der gewerkschaftlichen Praxis stammend, war es selbstverständlich, dass eine marxistische Theorie nur in einer revolutionären Praxis vorangetrieben werden kann. Bilder wie das hier verwendete vom Bremer Werftstreik 1983 zeugen davon.

Es wäre sicher in Willis Sinne, wenn wir an dieser Stelle auch dazu auffordern, sich weiter mit seinem Denken zu befassen. Gerade in Zeiten der reaktionären Offensive, also in Zeiten von Massenentlassungen, dem Abbau demokratischer Rechte und der steigenden Kriegsgefahr, fehlt jemand wie Willi Gerns.
Zu seinem 90. Geburtstag hat der Neue Impulse Verlag den Sammelband „Revolutionäre Strategie in nichtrevolutionären Zeiten“ neu aufgelegt. Er vereint eine Vielzahl von Texten Gerns, die ein Gesamtbild seines Denkens liefern.

Ihn zu lesen und gemeinsam zu diskutieren wird uns dabei helfen eine friedliche, demokratische und sozialistischen Alternative zu erkämpfen.

Wir drücken seinen Angehörigen und seiner Partei, der DKP, unser Beileid aus.

Link zum aktuellen Buch “Revolutionäre Strategie in nichtrevolutionären Zeiten” von Willi Gerns.

Stellungnahme der SDAJ, 26. Januar 2021