Ein Azubi berichtet – Dritter Erfahrungsbericht über die “Folgen von Corona” in Marburg!
In den nächsten Tagen veröffentlichen wir auf unserer Homepage sowie auf Facebook und Instagram, im Ramen einer gemeinsamen kleinen Kampagne mit unseren Genossinnen und Genossen der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) Marburg, verschiedene Erfahrungsberichte über die “Folgen von Corona” in Marburg.
Erfahrung eines Azubis:
“Mein Name ist Torben, ich bin 23 Jahre alt und mache eine Mechaniker-Ausbildung in einem Automobilzulieferer-Betrieb in Mittelhessen.
Nun bin ich im 3. Ausbildungsjahr und dadurch, dass ich meine Ausbildung verkürze, eigentlich fast fertig. So wäre meine Abschlussprüfung normalerweise im Mai gewesen, doch das ist jetzt unsicher, wie vieles andere auch.
In dem 350-Mann-Betrieb, in dem ich arbeite, wird bis heute (Stand: Ende März) noch ganz normal weiterproduziert. So, als gäbe es keine Pandemie, die mittlerweile in Europa fast 20.000 Menschen das Leben gekostet hat. Was dem Unternehmen Sorge macht: Alle Automobilkonzerne, die wir beliefern, produzieren nicht mehr und haben ihre Werke geschlossen. Aufträge fallen also weg, von uns produzierte Güter können nicht versandt werden. Die Geschäftsführung will in den nächsten Wochen daher nur noch 3 Tage in der Woche produzieren oder die Produktion ganz ausfallen lassen. Unsere Abteilungsleiter sagen, wir sollen Urlaub oder Vorarbeit (also Überstunden, die wir bereits erarbeitet haben) nehmen. Urlaub nehmen, in einer Zeit, in der man nichts machen kann, weil durch Corona alles geschlossen ist und abgesagt wurde? Eine wirkliche Erholung und ein Abschalten vom stressigen Arbeitsalltag ist da nicht drin.
Doch nicht nur nach dem Feierabend sind die Erholungsmöglichkeiten stark beschränkt, auch in unserer Pause. Die Kantine auf unserer Arbeit hat ihr Angebot im Zuge der Corona-Krise nahezu halbiert. Hinsetzen und mit den Kollegen reden geht auch nicht mehr, da man ja keinen Kontakt haben soll. Wenn die Pause um 10 Uhr vorbei ist, geht man wieder ganz normal in die Schaltwarte, an der, in einem kleinen Raum, vier bis fünf Personen sind, geht ans Fließband, wo man teils Schulter an Schulter mit seinen Kollegen arbeitet. Dann sind die Sicherheitsvorkehrungen schnell vergessen und es ist, als wäre alles normal.
Meine Kollegen wollen nicht mehr arbeiten, sie wollen zu ihren Kindern nach Hause, die nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen können. Sie haben Angst, auf die Arbeit zu gehen, weil sie sich nicht infizieren wollen, fühlen sich unsicher und merken, wie widersinnig es ist, in seiner Freizeit auf alles zu verzichten, während man auf der Arbeit so tut, als gäbe es keine Gefahr.
Eine große Gefahr durch COVID-19 gäbe es ja ohnehin nicht, das zumindest behauptete unser Werksarzt, als er mit unserer Geschäftsführung neulich durch die Abteilungen lief und den Mitarbeitern erzählte, dass Corona gar nicht so schlimm und eigentlich nur ein Medienhype sei.
Das Thema Kurzarbeit ist auch in aller Munde und wird vermutlich in den kommenden Tagen vom Arbeitgeber beantragt. Das bedeutet dann 1/3 weniger Lohn – für die Kollegen eine zusätzliche Belastung. Mitarbeiter mit einem befristeten Vertrag machen sich kaum mehr Hoffnung auf eine Verlängerung ihres Vertrages und müssen mit Arbeitslosigkeit und lästigen Bewerbungsverfahren rechnen.”