Vor 50 Jahren begründete der sogenannte „Radikalenerlass“ die Praxis der Berufsverbote. Der Beschluss wurde von SPD-Bundeskanzler Willy Brandt initiiert und am 28. Januar 1972 von den Ministerpräsidenten der Bundesländer der damaligen BRD gefasst. Ab diesem Moment wurden Bewerber für den öffentlichen Dienst auf ihre sogenannte „Verfassungsfeindlichkeit“ überprüft. Der Beschluss richtete sich fast ausschließlich gegen Linke und traf vor allem Mitglieder, Sympathisantinnen und Sympathisanten, Freunde der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP).
Für die Betroffenen bedeutete der „Radikalenerlass“ Anhörungen, Existenzangst, finanzielle Nachteile bis hin zum Verlust der beruflichen Existenz. Verbeamtungen wurden abgelehnt, viele wurden aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Der Begriff „verfassungsfeindlich“ war bewusst ein Gummibegriff. Seine Definition lag zuerst bei den Geheimdiensten, dann wurde er, vorbei an der Gesetzeslage, auf alle angewandt, die angeblich nicht „die Gewähr boten, sich jederzeit rückhaltlos für die ‚freiheitlich-demokratische Grundordnung‘ (FDGO) einzusetzen“. Eine ähnliche Formulierung war während des Faschismus für die „Sicherung“ des Beamtentums benutzt worden.
Die von Berufsverboten Betroffenen sind bis heute nicht entschädigt und rehabilitiert, selbst einzelne Entschuldigungen benötigten Jahrzehnte. Aber die Folgen der Berufsverbotepraxis gingen weit über die direkt Betroffenen hinaus. Für eine ganze Generation war klar: Wer links aktiv ist, wer sich gar in SDAJ oder DKP organisiert, dessen Berufswahl ist erheblich eingeschränkt. Für uns Kommunistinnen und Kommunisten war klar, wir werden beobachtet, der Staat und sein Geheimdienst platzieren Spitzel in unseren Zusammenhängen und Organisationen. Dieses Klima wirkte sich aus. 1956 wurde die KPD verboten, das Verbot gilt noch heute. 1968 konstituierte sich die DKP neu und wusste nicht, wie der Klassengegner reagieren würde. Sofort wurde sie bespitzelt und dann folgte nach drei Jahren und einigen Monaten der „Radikalenerlass“.
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